Entstehung chronischen Schmerzes
Wie entsteht die Schmerzwahrnehmung?
Jeder empfindet Schmerz anders und jeder hat seine eigene Schmerzschwelle, die auch tagesformabhängig ist. Somit ist es schwer, den Schmerz objektiv zu beschreiben. Dies ist ein Phänomen, was durch verschiedene Faktoren, wie Kultur, Geschlecht, Alter, schon gemachter Schmerzerfahrungen etc. gesteuert wird.
Schmerz ist überlebensnotwendig. Natürlich denken wir, ohne Schmerzen wäre das Leben wesentlich entspannter. Existiert der Schmerz allerdings nicht, könnten wir nicht lange überleben. Der akute Schmerz ist ein Warnsystem und hat als reine Schutzfunktion die Aufgabe, uns vor Verletzung zuschützen. Da wir durch die fehlende Schmerzerfahrung nicht vorsichtig genug wären, würden wir uns in zahlreichen Situationen schweren Verletzungen aussetzen, ebenso könnten viele Krankheiten nicht oder erst zu spät erkannt werden.
Schmerz wird durch äußere (Verletzungen, Erfrierungen) oder innere Einflüsse (organbedingte Störungen) verursacht und in akuten und chronischen Schmerz eingeteilt.
Beim akuten Schmerz (bspw. jemand sticht sich zum 1. mal mit einer Nadel) wird ein Reiz vom Ort des Geschehens zu den Schmerzrezeptoren gesendet. Diese liegen am Ende einer Nervenfaser. Die senden den Reiz über das Rückenmark weiter an das zentrale Nervensystem(ZNS). Bevor der Schmerzreiz jedoch in der Großhirnrinde angekommen ist, löst er schon im Rückenmark einen Schutzreflex (z.B. zurückziehen der Hand) aus. Die Großhirnrinde macht den Schmerz dann bewusst und bewertet ihn. Das bewusste Wahrnehmen und die Bestimmung des Ortes, von wo der Schmerz ausgelöst wurde, ist ein Lernprozess. Damit ist das Risiko, sich beim nächsten Mal wieder zu stechen, geringer.
In Extremsituationen, zu denen auch schwere Verletzungen gehören, regen physiologische Stoffwechselprozesse die Ausschüttung körpereigener Endorphine an. Die sind allgemein als Glückshormone bekannt.
Endorphine sind körpereigene Opiate (euphorisierende Wirkung) und werden als Hormon im ZNS gebildet. Deren Funktion ist es, den Körper zu schützen und in einer Notfallsituation dafür zu sorgen, sich trotz schwerer Verletzung noch selbst aus der Situation befreien zu können.
Bestes Beispiel ist wohl, die schwere Verletzung nach einem Unfall. Während man unter Schock steht, verspürt man keinen Schmerz. Es werden also massiv Endorphine ausgeschüttet, die unter anderem eine Schmerzweiterleitung unterbrechen. Nach einer Weile reguliert sich die Ausschüttung wieder und der Schmerz wird wahrgenommen.
Akuter Schmerz ist immer in einem bestimmten Zeitrahmen. Wird die Ursache behoben, verliert sich das Schmerzempfinden.
Chronischer Schmerz hingegen hat keine Schutzfunktion, ist eigenständig, wird nicht über die reguläre Schmerzbahn weitergeleitet und bleibt auch nach der Ursachenbehebung (bspw.Bandscheibenvorfall) bestehen. Der chronische Schmerz ist ein Krankheitsbild.
Werden aufgrund einer schlechten Schmerztherapie und eines zu lang anhaltenden Heilungsprozesses die Signale (Schmerzreize), die die Nervenzellen senden nicht unterbrochen, setzt der Lernprozess ein. Die Nervenzellen sind auf Schmerzsendung programmiert und können nicht abschalten. Selbst nach abgeschlossenem Heilungsprozess senden sie weiter Signale, ohne dass eine Schmerzursache wirklich vorhanden ist. Die Großhirnrinde empfängt die Signale und bewertet sie als Schmerz.
Besteht der Schmerz mindestens 6 Monate dauerhaft, spricht man von chronischem Schmerz.
Es hat sich ein Schmerzgedächtnis gebildet. (nach Amputationen spricht man von Phantomschmerz. Das Prinzip ist dasselbe)
Das Schmerzgedächtnis umzuprogrammieren ist generell möglich. Dazu muss der Betroffene jedoch diszipliniert und konsequent an der Therapie mitwirken. Weiterhin dauert es geraume Zeit, bis der Erfolg spürbar wird.
Zum weiterlesen bitte klicken —> Schmerzgedächtnis